Mittwoch, 15. April 2015

Diese Reise mit viel Wert

Es ist Mittwoch, der 15. April, Morgens um 6:37 Uhr.
Seit gut 22 Stunden bin ich nun auf Vava'u, der Hauptinsel des Nordens vom Königreich, und seit der 

ersten Sekunde sucht mein Körper danach, sich auf die neue Umwelt einzurichten. Von der langen Reise hierher, hauptsächlich nur im Sitzen verbringend, habe ich etwas geschwollene Füße, aber dortige Prozesse sind schon wieder an der Umkehr. Wasser geht gern von Warm zu kalt und als die Füße ständig kälter waren als der Rest meines Körpers und ich dazu noch viel in Flugzeugen saß, verlagerte sich etwas Wasser in die Gegend der Füße. Noch dazu machten meinem Körper die ständig wechselnden Drücke zu schaffen. In der Höhe (11 km) war weniger Druck und so expandierte mein Körper voll allein in dieses Vakuum hinein. Landete ein Flugzeug, stieg der Druck wieder an und mein Körper wurde wieder komprimiert. Und Richtung Tonga hin, wurde dabei die europäische trockene Kälte ausgetauscht mit der feuchten Wärme der Tropen. Ihr könnt euch denken, was das für eine Umstellung ist. Ein „normaler“ wenig entwickelter, wenig dichter europäischer Körper hat da echt zu tun. Ich konnte diese Umweltveränderungen jedoch bis jetzt mit einem respektvollem Lächeln entgegenblicken und erfühle bei diesen Prozessen neue Erfahrungen. Die ganze Reise über hatte ich immer nur Stundenschlaf in den Flugzeugen, nie den richtigen Tiefschlaf eben. Den hatte ich erst in den letzten Stunden unter dem Schutze eines von Termiten zerfressenden Hauses, in welchem das ganze Jahr über die Fenster geöffnet sind. Es gibt ihr also keine Fenster in dem Sinne, wie sie der Europäer gewohnt ist. Alles hat eine sehr offene Bauweise und bietet dennoch Schutz vor all zu viel Wind und Regen. Sturmsicher sollte dieses Haus, es ist unser momentanes Bootcamp in Neiafu, auch sein. Die letzten 6 Stunden Schlaf, geteilt durch 3 Pinkelpausen, boten mir also auch die Chance, meinen Körper in seine wohlverdiente Verdichtung zu bringen. Die Blutadern an meinen Armen sind ein ausschlaggebender Indikator für die „Dichtheit“ (im Sinne von kühler Dichte) meines Körpers, welche es ihm ermöglicht dem Druck der Sonne von Neuem zu begegnen und da mein Körper in der Zeit meiner Reise ohne Schlaf immer expansiver wurde, begrüßte er diese erste Chance mit offenen Händen. Vor dem Schlafe gab es auch eine spärliche Dusche mit kalten Wasser aus den kühlen Regenwasserspeichern dieses Hauses. Regenwasser wird hier also gesammelt um es durch Leitungen, mit Hilfe von Pumpen, zu Dusche, Toilette und Wasserhahn zu bringen. Dann gibt es noch Extra-Sammelbehälter, in denen das Regenwasser aufbereitet wird, damit es verzehrt werden kann. Für mich steht jedoch fest, das der Hauptanteil des Wassers, welches mein Körper braucht aus einigen der wirklich leckeren und reifen Früchte kommen wird, die Wassermelone zum Beispiel ist hier so wie sie sein soll. Kaum Süß und sehr viel Wasser, welches regelrecht danach verlangt, mir Feuchtigkeit von Innen zu spenden. Inzwischen ist es hell geworden und die Schweine draußen sind am umgraben der Erde. Es sind kleine wild lebende Schweine. Auch ein Gecko hat mir heute morgen schon „Hallo“ gesagt. Komischer Käfer kommen ab und zu vorbei. Ich muss herausfinden, wie die heißen. Sie sind sehr gesellig.
Nochmal kurz zum Flug:
Berlin-Sydney!
Wenn man entschlossen ist, wie ich, dann ist es ertragbar aber langweilig. Die Mahlzeiten im Flugzeug, ein Witz , wenn man sich so ernährt wie ich es tue. Die erste richtige Fruchtmahlzeit hatte ich dann nach 35 Stunden Flugzeugfasten im Airport von Sydney. 500 Gramm Obstsalat für umgerechnet 15 Euro. Was soll es? Das Wasser in den Flaschen hat auch ordentlich zu Buche geschlagen. Meine 50 veranschlagten Taler für die Reiseverpflegung waren schon in Abu Dhabi so gut wie aufgebraucht. Das war nötig wobei ich insgesamt sehr sparsam damit war, zu essen und zu trinken damit mein Körper die Energie für wichtigere Sachen einsetzen konnte. Entgiftungserscheinungen ohne Ende gab es während dieser Reise. Es war also buchstäblich eine Fastenreise, die ordentlich etwas gebracht hat. Die gesamte Reise über gab es keine selbst gedrehte Zigarette und als ich eine meiner in Sydney gedrehten Zigaretten in Nuku'alofa im Taxi eines Mannes, Namens „Manna“ auf leeren Magen anzündete und den ersten Zug nahm, erfüllte mich für kurze Zeit ein Gefühl der Zufriedenheit und ich konnte bemerken, wie der Rauch der Zigarette über meine Lungen in die Blutbahn gelangte, so sensitiv war mein Körper während der reise geworden. Ich wurde dadurch aber auch sehr nervös, soll heißen, ich sog auch wirklich jede neue Begebenheit um mich herum sehr stark auf.
Flug Sydney-Tongatapu:
Mein Sitznachbar in der Boing 737 freundet sich wortlos mit mir an. Wir helfen uns gegenseitig. Er ist ein ich kumpelhafter farbiger Typ Mensch, welcher mich an den Rapper 50cent erinnert. Da wir beide schlecht Englisch reden können und beide müde sind, einigen wir uns auf Zeichensprache zwecks Kommunikation. Dann kommt der nächste entscheidende und fast letzte Moment auf meiner Reise nach Vava'u:
Ich erinnere mich gerade an den „Immigration Office-Schalter am Flughafen von Tongatapu. Ich stehe in der Schlange und warte mit all dem Papierkram, darunter Visa-Applikation, Arbeitsvertrag und alternativer Lebenslauf sowie meinem Reisepass und dem Schreiben der First Lady des Gouvernörs auf die Abwicklung meiner Person. Mir wird sofort vorgeworfen, kein Rückflugticket zu haben und natürlich weiß ich schon Bescheid wegen der Strafgebühr, die es dafür gibt und welche mir erst gestattet wird nachdem man mitbekommen hat, wer ich bin, und wer mich her bestellt hat. Dies alles erfuhren die netten tonganischen Frauen hinter dem Schalter ,als sie meine Unterlagen durchwühlten. Ich habe noch den Blick der Frau am Schalter in meinem Kopf, als sie die Bilder, die in meinem Lebenslauf zu sehen sind, gesehen hat. Danach rannte sie nämlich sofort zu ihrem Supervisor, eine noch nettere Frau, welche dann letztendlich die Güte Gottes zum Ausdruck brachte, meinen Reisepass jedoch einbehielt, da ich kein Cash zum bezahlen der 35 TOP Strafgebühr hatte. Sie gab mir jedoch die Telefonnummer ihres Kollegen auf Vava'u, wo ich meinen Reisepass gegen v.e. Gebühr wieder eintauschen lassen kann. Um von Tongatapu nach Vava'u zu fliegen brauchte ich keinerlei Reisedokumente, sondern nur mein in Europa ausgedrucktes Buchungsbeleg, welches aussagt, das mein Ticket für diese letzte Etappe schon von Europa aus per Mastercard bezahlt wurde.
Es ist der 14. April morgens um 3:30 Uhr und ich stehe nun am „Dropp-off“ des International Terminal von Tongatapu-Airport. Das Terminal für innerländische Flüge, dort wo ich hin muss, ist 5 km entfernt. Ich wäre diese Strecke zu Fuß gelaufen, da jedoch die ATM-Machine am International-Terminal defekt war, und ich Bargeld brauchte, kam mir jener Mann, Names „Manna“ gerade recht. 


 



Er wartete regelrecht auf mich und war um diese nächtliche Zeit auch noch der einzigste Taxifahrer weit und breit. Ich überredete ihn, mich erst mal zum nächsten ATM-Automaten zu bringen, welcher dann auch noch defekt war. Die 12km dorthin waren jedoch nicht umsonst gefahren. 3 km weiter gab es noch einen und dieser sah auch wirklich gut aus. Er stand an einer der sehr spärlich gesähten Tankstellen in Nuku'alofa, der Hauptstadt des Königreiches, welche aber mehr Vorstadt-feeling verbreitete.

Auf der Fahrt zu diesem ATM, wo ich meine ersten dreihundert Pa'anga von der, einige Wochen vorher bestellten und mit Geld aufgeladenen, Masterkarte abhob. Das war auch so eine Sache, da ich die Karte vorher nicht getestet hatte. Aber es funktionierte tadellos. So konnte ich „Manna“ zum Ende unserer Fahrt bezahlen und unterwegs auch noch etwas Wasser, an einem der wenigen Nachts geöffneten Läden, kaufen. Und nur gut das Manna und Ich nicht alles Wasser davon getrunken haben, der Rest davon rettete sein Auto vor dem sicheren Feuertod. Manna fuhr über eine der vielen auf der Hauptstrasse eingebauten „Schikanen“. Diese existierten immer dann auf der Strasse, wenn in der Nähe eine Schule oder eine Kindertagesstätte vorhanden war. Dann knallte es, und -Manna- sagte: Vielleicht haben wir ein Tier überfahren, das hört sich ähnlich an. Nun, mit diesem Gedanken freundete er sich an, wobei ich an nichts Schlimmmes dachte und wir fuhren weiter. Wir kamen am Terminal für Inlandsflüge an und es war Morgens um 4 Uhr, als es plötzlich sehr merkwürdig anfing zu riechen. Wie verbranntes Gummi oder brutzelnde Elektronik. Dann, wenige Sekunden später, schlug Feuer aus dem Motorraum. Manna schrie: Die Batterie, die Batterie brennt. Wir hielten genau vorm Drop-off an und sprangen aus dem Auto, jeder bewaffnet mit einer Wasserflasche. Er öffnete den Motoraum. Mit dem Wasser löschten wir hektisch den Batteriebrand. Die Batterie war danach hinüber und Manna trauerte. Letzen Endes nahm ich mir ein Herz und beteiligte mich ein wenig an den Kosten für eine neue Batterie. Wir riefen seinen Kumpel von Autoservice an und dieser teilte uns mit, das eine neue Batterie 150 Pa'anga kosten würde, natürlich plus Spritkosten. So lies ich bei Manna insgesamt 50 Pa'anga für die Fahrt und nochmal soviel um dem armen Mann Energietechnisch unter die Arme zu greifen. Ich hätte das sonst nicht mit meinem Gewissen ausmachen können. Nun hieß es: Warten auf die neue Batterie und für mich, warten auf Beginn des check-ins. Und wenn da auf dem Papier 5:30 Uhr steht, dann meinen die Tonganer damit immer 6:00 Uhr. Ich verstand schnell, warum das hier so ist. Es hat mit dem Klima zu tun, und das die Eingeborenen hier Alles etwas langsamer angehen. Mit dieser tollen Eignschaft werde ich noch sehr oft Bekanntschaft machen. Dieser Fakt wird auch mich viel ruhige werden lassen, was ich im Übrigen sehr begrüße. In Deutschland war ich immer sehr hektisch, besonders in den letzten Wochen der Vorbereitung. Ich mochte das nicht sehr, aber es war nötig. 


Der Pilot der letzten Maschine, ein Propellerflugzeug aus dem 2. Weltkrieg war sehr behutsam mit Start und Landung. Die Schmerzen im Kopf, wenn mein Körper bei der Landung wieder Dichter wurde, durch den ansteigenden Druck in der Atmosphäre, war erträglicher, als in den großen Maschinen zwischen Europa und Australien. Vielen Dank dafür. Auf dem Flug lernte ich einen gebürtigen Tonganer kennen,, welcher in Amerika mit seiner Frau lebte. Sein Großvater war waschechter „Preusse“. Ein wenig konnte man es ihm auch ansehen, wobei aber sein Gesamter Körper sehr groß und stämmig war. Seine Oberarme waren fast so Umfangreich wie meine Hüfte. Ein Riese, so wie viele dieser stämmigen „Krieger-rasse“ hier unten. Am Flughafen von Neiafu sah ich im Sinkflug schon meine Freunde Phil und Simone stehen, welche ganz gespannte Blicke warfen als das Flugzeug in seine Parkposition fuhr. Der kleine und zierliche Nico Siegfriedssohn auf Sitz 1A jedoch konnte sich geschickt vor ihren neugierigen Blicken verstecken. Dann ging es hinaus und in der Gepäckannahme fielen wir uns in die Arme. Vorher überlegte ich noch ob ich weinen wollte oder nicht, aber mein Körper war scheinbar nicht dieser Meinung. Es kam lediglich eine Träne der Erleichterung über meine Wangen. Ich war endlich angekommen!!! Ach ja... es war mir eine Ehre euch Zwei morgens um 4:00 Uhr aus dem Bett zu klingeln um mich anzukündigen. Und ich Danke euch für alles, was ihr bisher für mich erledigt habt an Papierkram und Organisation. Das werde ich Euch nie vergessen. Wenn ich mich hier eingewöhnt habe, werde ich mich auf irgend einem Wege erkenntlich dafür zeigen. Jetzt ist es Mittag an diesem schönen Tage und wir werden noch gemeinsam meinen Reisekoffer her organisieren, da auf dem Flug von Tongatapu nach Vava'u kein Platz mehr für ihn im Flugzeug war. Darum wird er mit dem heutigen Fluge kommen. Wie gesagt, hier läuft die Zeit anders ab, denn wir befinden uns am Anfang aller Zeit, die auf diesem Planeten existiert. Das Königreich von Tonga befindet sich an einem Nabel dieses Planeten und die Energien sind hier völlig anders, aber nicht so Neu für mich. Schon oft habe ich davon geträumt. Es ist der 15. April 2015 und es ist 11:38 Uhr.
Mein momentanes Schreibbüro und Schlafplatz zugleich



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