Es ist Mittwoch, der 15.
April, Morgens um 6:37 Uhr.
Seit
gut 22 Stunden bin ich nun auf Vava'u, der Hauptinsel des Nordens vom
Königreich, und seit der
ersten Sekunde sucht mein Körper danach,
sich auf die neue Umwelt einzurichten. Von der langen Reise hierher,
hauptsächlich nur im Sitzen verbringend, habe ich etwas geschwollene
Füße, aber dortige Prozesse sind schon wieder an der Umkehr. Wasser
geht gern von Warm zu kalt und als die Füße ständig kälter waren
als der Rest meines Körpers und ich dazu noch viel in Flugzeugen
saß, verlagerte sich etwas Wasser in die Gegend der Füße. Noch
dazu machten meinem Körper die ständig wechselnden Drücke zu
schaffen. In der Höhe (11 km) war weniger Druck und so expandierte
mein Körper voll allein in dieses Vakuum hinein. Landete ein
Flugzeug, stieg der Druck wieder an und mein Körper wurde wieder
komprimiert. Und Richtung Tonga hin, wurde dabei die europäische
trockene Kälte ausgetauscht mit der feuchten Wärme der Tropen. Ihr
könnt euch denken, was das für eine Umstellung ist. Ein „normaler“
wenig entwickelter, wenig dichter europäischer Körper hat da echt
zu tun. Ich konnte diese Umweltveränderungen jedoch bis jetzt mit
einem respektvollem Lächeln entgegenblicken und erfühle bei diesen
Prozessen neue Erfahrungen. Die ganze Reise über hatte ich immer nur
Stundenschlaf in den Flugzeugen, nie den richtigen Tiefschlaf eben.
Den hatte ich erst in den letzten Stunden unter dem Schutze eines von
Termiten zerfressenden Hauses, in welchem das ganze Jahr über die
Fenster geöffnet sind. Es gibt ihr also keine Fenster in dem Sinne,
wie sie der Europäer gewohnt ist. Alles hat eine sehr offene
Bauweise und bietet dennoch Schutz vor all zu viel Wind und Regen.
Sturmsicher sollte dieses Haus, es ist unser momentanes Bootcamp in
Neiafu, auch sein. Die letzten 6 Stunden Schlaf, geteilt durch 3
Pinkelpausen, boten mir also auch die Chance, meinen Körper in seine
wohlverdiente Verdichtung zu bringen. Die Blutadern an meinen Armen
sind ein ausschlaggebender Indikator für die „Dichtheit“ (im
Sinne von kühler Dichte) meines Körpers, welche es ihm ermöglicht
dem Druck der Sonne von Neuem zu begegnen und da mein Körper in der
Zeit meiner Reise ohne Schlaf immer expansiver wurde, begrüßte er
diese erste Chance mit offenen Händen. Vor dem Schlafe gab es auch
eine spärliche Dusche mit kalten Wasser aus den kühlen
Regenwasserspeichern dieses Hauses. Regenwasser wird hier also
gesammelt um es durch Leitungen, mit Hilfe von Pumpen, zu Dusche,
Toilette und Wasserhahn zu bringen. Dann gibt es noch
Extra-Sammelbehälter, in denen das Regenwasser aufbereitet wird,
damit es verzehrt werden kann. Für mich steht jedoch fest, das der
Hauptanteil des Wassers, welches mein Körper braucht aus einigen der
wirklich leckeren und reifen Früchte kommen wird, die Wassermelone
zum Beispiel ist hier so wie sie sein soll. Kaum Süß und sehr viel
Wasser, welches regelrecht danach verlangt, mir Feuchtigkeit von
Innen zu spenden. Inzwischen ist es hell geworden und die Schweine
draußen sind am umgraben der Erde. Es sind kleine wild lebende
Schweine. Auch ein Gecko hat mir heute morgen schon „Hallo“
gesagt. Komischer Käfer kommen ab und zu vorbei. Ich muss
herausfinden, wie die heißen. Sie sind sehr gesellig.
Nochmal kurz zum Flug:
Berlin-Sydney!
Wenn man entschlossen
ist, wie ich, dann ist es ertragbar aber langweilig. Die Mahlzeiten
im Flugzeug, ein Witz , wenn man sich so ernährt wie ich es tue. Die
erste richtige Fruchtmahlzeit hatte ich dann nach 35 Stunden
Flugzeugfasten im Airport von Sydney. 500 Gramm Obstsalat für
umgerechnet 15 Euro. Was soll es? Das Wasser in den Flaschen hat auch
ordentlich zu Buche geschlagen. Meine 50 veranschlagten Taler für
die Reiseverpflegung waren schon in Abu Dhabi so gut wie
aufgebraucht. Das war nötig wobei ich insgesamt sehr sparsam damit
war, zu essen und zu trinken damit mein Körper die Energie für
wichtigere Sachen einsetzen konnte. Entgiftungserscheinungen ohne
Ende gab es während dieser Reise. Es war also buchstäblich eine
Fastenreise, die ordentlich etwas gebracht hat. Die gesamte Reise
über gab es keine selbst gedrehte Zigarette und als ich eine meiner
in Sydney gedrehten Zigaretten in Nuku'alofa im Taxi eines Mannes,
Namens „Manna“ auf leeren Magen anzündete und den ersten Zug
nahm, erfüllte mich für kurze Zeit ein Gefühl der Zufriedenheit
und ich konnte bemerken, wie der Rauch der Zigarette über meine
Lungen in die Blutbahn gelangte, so sensitiv war mein Körper während
der reise geworden. Ich wurde dadurch aber auch sehr nervös, soll
heißen, ich sog auch wirklich jede neue Begebenheit um mich herum
sehr stark auf.
Flug Sydney-Tongatapu:
Mein Sitznachbar in der
Boing 737 freundet sich wortlos mit mir an. Wir helfen uns
gegenseitig. Er ist ein ich kumpelhafter farbiger Typ Mensch, welcher
mich an den Rapper 50cent erinnert. Da wir beide schlecht Englisch
reden können und beide müde sind, einigen wir uns auf
Zeichensprache zwecks Kommunikation. Dann kommt der nächste
entscheidende und fast letzte Moment auf meiner Reise nach Vava'u:
Ich erinnere mich gerade
an den „Immigration Office-Schalter am Flughafen von Tongatapu. Ich
stehe in der Schlange und warte mit all dem Papierkram, darunter
Visa-Applikation, Arbeitsvertrag und alternativer Lebenslauf sowie
meinem Reisepass und dem Schreiben der First Lady des Gouvernörs auf
die Abwicklung meiner Person. Mir wird sofort vorgeworfen, kein
Rückflugticket zu haben und natürlich weiß ich schon Bescheid
wegen der Strafgebühr, die es dafür gibt und welche mir erst
gestattet wird nachdem man mitbekommen hat, wer ich bin, und wer mich
her bestellt hat. Dies alles erfuhren die netten tonganischen Frauen
hinter dem Schalter ,als sie meine Unterlagen durchwühlten. Ich habe
noch den Blick der Frau am Schalter in meinem Kopf, als sie die
Bilder, die in meinem Lebenslauf zu sehen sind, gesehen hat. Danach
rannte sie nämlich sofort zu ihrem Supervisor, eine noch nettere
Frau, welche dann letztendlich die Güte Gottes zum Ausdruck brachte,
meinen Reisepass jedoch einbehielt, da ich kein Cash zum bezahlen der
35 TOP Strafgebühr hatte. Sie gab mir jedoch die Telefonnummer ihres
Kollegen auf Vava'u, wo ich meinen Reisepass gegen v.e. Gebühr
wieder eintauschen lassen kann. Um von Tongatapu nach Vava'u zu
fliegen brauchte ich keinerlei Reisedokumente, sondern nur mein in
Europa ausgedrucktes Buchungsbeleg, welches aussagt, das mein Ticket
für diese letzte Etappe schon von Europa aus per Mastercard bezahlt
wurde.

Er wartete regelrecht auf
mich und war um diese nächtliche Zeit auch noch der einzigste
Taxifahrer weit und breit. Ich überredete ihn, mich erst mal zum
nächsten ATM-Automaten zu bringen, welcher dann auch noch defekt
war. Die 12km dorthin waren jedoch nicht umsonst gefahren. 3 km
weiter gab es noch einen und dieser sah auch wirklich gut aus. Er
stand an einer der sehr spärlich gesähten Tankstellen in
Nuku'alofa, der Hauptstadt des Königreiches, welche aber mehr
Vorstadt-feeling verbreitete.
Auf der Fahrt zu diesem ATM, wo ich
meine ersten dreihundert Pa'anga von der, einige Wochen vorher
bestellten und mit Geld aufgeladenen, Masterkarte abhob. Das war auch
so eine Sache, da ich die Karte vorher nicht getestet hatte. Aber es
funktionierte tadellos. So konnte ich „Manna“ zum Ende unserer
Fahrt bezahlen und unterwegs auch noch etwas Wasser, an einem der
wenigen Nachts geöffneten Läden, kaufen. Und nur gut das Manna und
Ich nicht alles Wasser davon getrunken haben, der Rest davon rettete
sein Auto vor dem sicheren Feuertod. Manna fuhr über eine der vielen
auf der Hauptstrasse eingebauten „Schikanen“. Diese existierten
immer dann auf der Strasse, wenn in der Nähe eine Schule oder eine
Kindertagesstätte vorhanden war. Dann knallte es, und -Manna- sagte:
Vielleicht haben wir ein Tier überfahren, das hört sich ähnlich
an. Nun, mit diesem Gedanken freundete er sich an, wobei ich an
nichts Schlimmmes dachte und wir fuhren weiter. Wir kamen am Terminal
für Inlandsflüge an und es war Morgens um 4 Uhr, als es plötzlich
sehr merkwürdig anfing zu riechen. Wie verbranntes Gummi oder
brutzelnde Elektronik. Dann, wenige Sekunden später, schlug Feuer
aus dem Motorraum. Manna schrie: Die Batterie, die Batterie brennt.
Wir hielten genau vorm Drop-off an und sprangen aus dem Auto, jeder
bewaffnet mit einer Wasserflasche. Er öffnete den Motoraum. Mit dem
Wasser löschten wir hektisch den Batteriebrand. Die Batterie war
danach hinüber und Manna trauerte. Letzen Endes nahm ich mir ein
Herz und beteiligte mich ein wenig an den Kosten für eine neue
Batterie. Wir riefen seinen Kumpel von Autoservice an und dieser
teilte uns mit, das eine neue Batterie 150 Pa'anga kosten würde,
natürlich plus Spritkosten. So lies ich bei Manna insgesamt 50
Pa'anga für die Fahrt und nochmal soviel um dem armen Mann
Energietechnisch unter die Arme zu greifen. Ich hätte das sonst
nicht mit meinem Gewissen ausmachen können. Nun hieß es: Warten auf
die neue Batterie und für mich, warten auf Beginn des check-ins. Und
wenn da auf dem Papier 5:30 Uhr steht, dann meinen die Tonganer damit
immer 6:00 Uhr. Ich verstand schnell, warum das hier so ist. Es hat
mit dem Klima zu tun, und das die Eingeborenen hier Alles etwas
langsamer angehen. Mit dieser tollen Eignschaft werde ich noch sehr
oft Bekanntschaft machen. Dieser Fakt wird auch mich viel ruhige
werden lassen, was ich im Übrigen sehr begrüße. In Deutschland war
ich immer sehr hektisch, besonders in den letzten Wochen der
Vorbereitung. Ich mochte das nicht sehr, aber es war nötig.

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Mein momentanes Schreibbüro und Schlafplatz zugleich |
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