Donnerstgag, der 04. Juni 2015
Es ist Nachmittags und Kaffeezeit. Ich
sitze im Schneidersitz auf dem kühlen Boden des vorletzten Hauses vorm
Mount Talau. Simone steht über mir, bewaffnet mit einer Tasse Wasser
und einem Flohkamm. Jetzt kann sich sicher jeder vorstellen welche
Lebewesen mich kürzlich als ihren Gott akzeptiert haben. Immer
Abends, und das die letzten Tage spürte ich ihre Anwesenheit
besonders stark und musste sie gedanklich zurechtweisen, nicht all zu
viel Lärm zu machen, denn auch ein Gott braucht seinen wohl
verdienten Schlaf. ;-)
Doch gehen wir ein wenig
in der Zeit zurück, Götter können ja Zeitreisen, haha. Es trug sich
zu am 03. Juni das ich mich früh, kurz vor Sonnenaufgang auf und
davon machte um dem Jungle nach 2 Wochen zu entflüchten. Diese zwei
Wochen, in denen ich mich völlig allein im Ur(Regen)Wald von Hunga Island
befand, waren eine gänzlich neue Erfahrung mit vielen neuen
Erlebnissen und Gefühlen. So viele, das es ich es nicht schaffen
werde, sie in diesem Texte alle zu beschreiben, da ich mir mit dem
Schreiben dieses Textes eine Tagesaufgabe geschaffen habe und diesen
Tag nicht überschreiten möchte. So sollen dann auch die Bilder für
sich sprechen.
auf dem Weg zu Avalon in den Tiefen des Waldes. |
Vorbei an etwas lichteren Gefilden, |
Ich erinnere mich, es war der 21. Mai, an welchem,
nach einigen Tagen Wartezeit, kurz nach Mittag, überraschend ein
Boot aus Hunga von mir gesichtet wurde. Kurzerhand wurde alles nötige
eilig gepackt, um dann schnellstens zum Hafen runter zu laufen, und
das im Eileschritt, weil ich nicht wußte, wie lange das Boot dort
verweilen würde. Manchmal sind es nur wenige Stunden, da die
Hunganer mal wieder eine Shoppingtour nötig haben, manchmal ist es
auch ein halber Tag. Eine halbe Stunde nach Ankunft des Bootes im
Hafen, kam auch ich dort an um zu erfragen, wann der hölzerne Kahn
wieder zurück in den Jungle starten würde. Eine nettere ältere
Dame kam mit mir ins Gespräch. Sie teilte mir mit, das ich gar nicht
lange zu warten brauch und so deckte ich mich auf dem nahe liegenden
Markt schnell noch bin einigen Bananen ein um eine knappe halbe
Stunde später im Boot nach Hunga Bananen essend den Hafen von Neiafu
zu verlassen.
Hundertundachtzig Minuten
später kamen wir, die anderen Passagiere und ich, in der Lagune von
Hunga an. Es waren noch ca. zwei Stunden bis Sonnenuntergang, also
noch genug Zeit bis zu den Grundstücken zu kommen und sich
einzuquartieren. Also erstmal einen strammen Stundenmarsch mit
Zwanzig Kilogramm Gepäck hingelegt um völlig Schweißgebadet aber
glücklich im von Salzluft erfüllten Regenwald von Hunga anzukommen.
Da lag es nun, Avalon, auch bekannt als Plot 47. Wartend auf seinen
Umstrukturierer.
Es war wichtig für mich vorm Grundstück zu
kampieren, um immer ganz nah bei Avalon zu sein. Seine Atmosphäre
mit jedem Atemzug einzusaugen und mit jedem Ausatmen mehr und mehr
ein Teil davon zu werden. Die schönsten Vögel machten die
nervigsten Laute und die häßlichsten Vögel die schönste Musik.
Das ist lebendige Natur und mir wurde bewußt das man hier nur
behutsam und wohl überlegt ins Kräftespiel der Madame einzugreifen
hat, dennoch stets im Kopf zu behalten, hier eines Tages
hochfrequentierter zu residieren. So schmiedete ich an diesem Abend
noch einen Plan, wobei ich wußte, das der größte Teil dessen durch
meine intuitive Handlung korumpiert werden würde. Denn ich bin ein
Mensch, der erst viel beobachtet um dann diese Beobachtungen und
gewonnenen Eindrücke zu verwenden um nach Vorn zu handeln, automatisch sozusagen. Nach
einigen Handlungen muss ich mich dann immer fragen, welcher Eindruck
wohl dafür verantwortlich ist.
Am ersten Tag beobachtete
ich also den Lauf der Sonne gründlich um dementsprechend das
Unterholz herauszunehmen. Dabei fiel mir auf, das es hier im
Regenwald von Hunga eine gründlich dicke Schicht von Mulch und
darunter Humuserde gab. Ingesamt ca. 15-20 cm. Darunter fing dann die
berühmte Lehm- und Tonschicht an. Die Humuserde wird größenteils
durch das Vorhandensein eines dichten Wurzelwerks der Lianengewächse
zusammengehalten und nach einer Regenzeit sind diese auch dafür
verantwortlich, das die Feuchtigkeit länger in der Humuswelt
verweilt, obwohl sie, ganz nebenbei erwähnt, selbst einiges an
Wasser für sich beanspruchen.
In der ersten Woche, bis
zu den überraschenden 3 Regentagen, „säuberte“ ich so knapp
über 60 Prozent des ca. 750qm großen Grundstücks vom Unterholz.
Ganz junge, kleine Pflanzen lies ich stehen, nur das Jahresholz holte
ich hinaus. Holz von solcher Größe, damit es durch Früchte
tragende Pflanzen ersetzt werden könne. Die größeren Bäume, alles
was über 15 Zentimeter Stammdurchmesser ging, wollte ich erstmal
stehen lassen. Etwas vorwärts arbeiten, wieder beobachten, Tag für
Tag, alle Sinne mit der Umgebung verknüpft.
Mehr Werkzeug braucht es auch nicht |
leichte Auslichtungsarbeiten in den ersten Tagen |
War das eine einmalige
Erfahrung für mich?? Besonders als dann der erste Regentag über
Hunga herfiel. Es schüttete aus Eimern, so als wolle es nie wieder
aufhören. Ich wurde dazu verdonnert Schutz in meiner provisorischen
Behausung zu suchen und die Zeit abzuwarten. Eine gar nicht leichte
Übung wenn man kurz vorher noch ordentlich in Arbeit stand. Und dann
hörte es einfach nicht mehr auf. Am zweiten Tag gesellte sich dann
noch ein Sturm mit harschem Ostwind dazu, der allerlei Geässt und
Blattwerk von oben herunterfielen ließ. Auch den alten Eisenholz im
Dorf der Ha'apeianer an der Lagune riss es nieder, hier war dann
allerdings ein starker Blitz für verantwortlich. Wieder mal ein
Beweis dafür, das Blitze nur da einschlagen wo kein Wald mehr ist
und vereinzeln nur ein paar große Mangobaumriesen und diese alt
anmutenden Bäume, welche ich Eisenholz taufte, da ihr Holz hart wie
Eisen ist.
Meißte Zeit im Zelt bei ... |
... 40 Stunden Unwetter. |
Gerade während dieser
Regentage schlug ich die Bäume, welche meinem ersten Haus auf Avalon
als Pfosten dienen sollen, und so war das entrinden dieser zum Glück
ein etwas leichteres Ding, als es dann jedoch wieder trockener wurde
und auch die Sonne wieder es Öfteren anwesend war, wurde es
zunehmend schwerer, was jedoch kein Problem darstellte, denn an den
trockenen Tagen sind eben Südwind und Sonne dafür verantwortlich,
das jede Arbeit nicht zum Schweiße führt, da jeder Körper im
Urwald effektiv gekühlt wird. Dennoch sollte man genug Wassser
trinken. Denn das man nicht schwitzt, bedeutet nicht, das man nichts
von sich gibt (man strahlt immer etwas in den Raum um sich herum ab).
Während der Regentage,
als ich absolut nur herummsitzen konnte, bekam ich dann auch noch so
etwas wie doppeltes Heimweh. Einmal ein Heimweh zurück zu Philippe
und Simone und ein zweites zurück zu meiner Mama nach Deutschland,
zu meinem Vater und zu einigen meiner engsten Freunde, welche ich
zurück ließ. An diesem Tage hatte ich den schwersten Kampf
auszufechten. Einmal über Ego nach Herz und zurück! Am Sonntag, dem
31. Mai, dann als das Wetter wieder ein gutes Arbeitswetter war und
die Arbeit leicht von der Hand ging merkte ich jedoch allmählich
sowas wie eine Erschöpfung, da ich jeden Tag von Sonnenaufgang biss Sonnenuntergang am bewegen und arbeiten war. Es trug sich auch an diesem Tage zu, das
ich von diesem an nur noch, und wirklich nur noch Kokosnüsse hatte
um etwas zum Kauen zu haben.
die Stämme für die späteren Pfosten |
Kein Kaffee mehr, keinen braunen Zucker.
Keine Früchte, nix, absolut nur noch Kokosnüsse und jene dieser,
welche schon gekeimt waren und in ihrem Innern diese leckere
Zuckerwatte hergestellt hatten, waren schwer, und nur nach einigem
Fußmarsche zu finden. In dem Moment, wo ich diesen Text hier
schreibe, sehe ich zu, das ich die restigen Nicobewohner aus meinem
Haar heraus bekomme. Die letzten Tage im Jungle grub sich nir auch
schon der Gedanke ein, ob es wohl gut wäre, selbst irgendwann eine
Pflanze in diesem harrschen Wald zu werden? Der Gedanke ist immer
noch da und war besonders stark, als ich Hunga Gestern verließ, im
Hafen von Neiafu ankam, und mir alles so fremd vorkam, und das nur
schon nach zwei Wochen. Und das hatte für mich wirklich starke
Ausagekraft. Ich bin gespannt wann meine Sehnsucht nach dieser Insel
wieder ins Unermessliche steigt. Ich darf jedoch nich zu lange
warten. Nur so lange bis meine Kräfte wieder voll hergestellt sind
und ich wieder das Gefühl habe „zivilisierter“ zu sein.
Kraft meiner Intuition
lernte ich ich den Tagen, allein im Urwald, wie ein Kind bestimmte
Dinge. Und dabei registrierte ich im vollen geistigen Besitz diese
Prozesse in mir. Erst fühlte ich es, wie es als Kind war, und dann
machte es mein Körper, und durch diese Handlung und ihre ständige
Wiederholung erlernte ich vergessenes wieder Neu. Das ist das
wunderbarste und man denkt wirklich erstmal: Ist das alles echt in
mir drinn gewesen oder hat mir das die Madame Natur mit geteilt. Will
sie mich denn wirklich dort haben? Bin ich willkommen? Werde ich
weiterhin mit den Menschen hier in dieser wachsenden Gemeinschaft gut
klarkommen? Wann werde ich anfangen müssen Früchte zu stehlen oder
wann werde ich als Wasser-essender Dunkelkeimer nicht mehr aus den
Urwald heraus kommen wollen?
Ich taufe Dich ... |
... seine Majestät. Entdeckte ich Dich nur unweit von Avalon. |
Ich mag die Sonne wirklich, ab und zu
auch direkt, jedoch verdonnert mich der Urwald regelrecht zum
Bananen, Papaya- und Kokosnussesser. Irgendwo her muss die Energie
kommen, die aber jeder Baum des Waldes wieder von mir absaugt. Hier
spüre ich es nach jeder Kunst der Regel. In den knapp zwei Wochen
sind meine Oberarme gewachsen, wie sie sonst drei Monate brauchten im
Fitnesscenter in Deutschland. Und das nur bei Kokosnüssen, Bananen
und Papaya und dem Wasser, was vom Himmel fällt. Ich kann euch
hiermit aber auch mitteilen, das dieses Wachstum aber auch mit
Schmerzen verbunden war. Jeden Morgen kamen sie und auch meine Finger
schliefen wieder ein, wenn mein Körper am Kühlsten war. Nach einem
morgendlichen leichten Workout, um in die Arbeit ermöglichende
Temperatur meines Körpers zu kommen, jedoch verschwanden diese
Symptome. Manchmal wünsche ich mir meine Änderungen am Körper
wären mit weniger Schmerzen verbunden. Egal ob das nun meine rechte
Seite des Rückens ist, dessen Probleme durch ein Fehlwachstum,
hervorgerufen durch das zu langsame wachsen meines rechten Beines,
von Skelettmuskulatur, was zu einer Fehlstellung des Beckens und
Somit der Wirbelsäule führte, im Kindesalter her stammt. Ich habe
es schon wieder halbwegs hinbiegen können durch viel Bewegung,
bessere Ernährung und QiGong. Verfalle ich jedoch für einige Zeit,
und seien es nur 1-2 Wochen in alte Verhaltensweisen zurück, also
keine Bewegung, Scheiße fressend meine Dehnübungen zu vergessen,
und ich dann wieder wiedermals den Zingerfeig Gottes bekomme um dann
abermals in bessere „Behaviours“ zu kommen, sowas fällt zum
Glück nicht schwer, kommen die Entrümpelungs- und
Entgiftungserscheinungen wieder da hin wo sie gern Platz nehmen. Ich
frag mich auch manchmal, wie oft ich diese Zyklen noch durch machen
muss? Ich habe zur Notiz genommen das oft in Wechsel der gewöhnten
Umgebung dafür Verantwortlich ist. Und das will ich nun hinbekommen.
Ich hab ja nun reichlich die Chance dazu. :-)
Holter die Polter |
Am letzten Tag, bevor ich
den letzten Baumstamm schälte, baute ich intuitiv eine Polter, so
nennt es wohl der Fachmann, in meinem Freundeskreis gibt es so
jemanden, um das Stämme zum Trocknen zu lagern. Das war am Dienstag.
Mein erstes Jäuslein im Urwald werde ich in den Grundmauern den Riss
einer Bienenwabe gebe mit einem überstehnendem leicht nach Süden
geneigten Dach, und auch diesen Dach soll, wie die Seitenwände
lebendig und Gründ werden. Ich erhoffe mir vom Dach so, das das
Regenwasser gleich gefiltert in die Rinne und dann in den eiförmigen,
tönernen unterirdischen Tank läuft, vielleicht wird auch nochmal
ein Nachfilter mit purem Kohlenstoff (so was wie Holzkohle) nötig,
um nachzufiltern. Mag sein, da der auch noch eine Schichte Sand dazu
bekommt. Erst machen, schauen und dann modifizieren. Auf jeden Fall
muss ich dafür Sorge tragen, das der Innenraum während der
Regenzeit trocken sein kann, um mich darin aufzuhalten – ohne die
vielen Moskitos. Vielleicht hat ja jemand noch Tips dazu. Morgen
werde ich mal versuchen meinen Internetzugang wieder zum Laufen zu
bekommen, Digicell hat mir 15 Euro unterschlagen und will sie nichht
mehr herausgeben, und ein Video der bisher aktuell gemachten
Filmschnipsel zusammenzuschustern, welches es dann auf dem
Youtubekanal von Mensch und Natur zum anschauen geben wird. Mit
diesen Gedanken Ende ich nun und lasse einige restige Bilder Bände
sprechen. Ich wünsche Euch alles Gute und noch viel Mehr. Euer Nico
Siegfriedssohn.
"The Rock" - Hunga Island, Nordseite - Avalon befindet sich auf der entgegengesetzten Südseite. |
Riecht wie Ananas, ist es aber nicht. |
Sogar auf Felsen wächst hier die härteste Pflanze |
Das bemerkenswerte Wurzelwerk der hauptsächlich vertretenen Urwaldbäume hier. |
Einen Guten Abend auf Hunga Island - Avalon |
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